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Geschichte der Raumfahrt

Woschod 2 und der Weltraumspaziergang

Woschod 2

Allgemeines

Nach dem erfolgreichen Flug von Woschod 1 begannen die Vorbereitungen für Woschod 2. Dabei sollte der erste Weltraumspaziergang (Extra-vehicular Activity) in der Geschichte realisiert werden. Man hatte die Woschod-Klasse in zwei Varianten geplant, als zwei- und dreisitziges Raumschiff. Bei Woschod 1 war man mit drei Kosmonauten geflogen, bei Woschod 2 verwendete man nun das Zweier-Schiff, das eine Luftschleuse besaß, die für den Ausstieg notwendig war.

Historisches

Nach Woschod 1 startete am 22. Februar 1965 ein unbemannter Testflug mit dem Namen "Kosmos 57" vom Weltraumbahnhof Baikonur. In der UdSSR wurden unbemannte Testflüge traditionell unter dem Namen Kosmos geführt. Man benötigte diese Mission vor allem, um die Funktionsfähigkeit der Luftschleuse zu testen. Zur Kontrolle wurden live Videobilder zur Bodenstation gefunkt. Alles funktionierte tadellos bis zu einem Steuerfehler der Bodenstation, die mit unkoordinierten Funksignalen ungewollt die Landesequenz einleitete. Die Folge war, dass das Raumschiff ins Schlingern geriet und eine heftige Rotation ausgelöst wurde. Dies löste einen Selbstzerstörungsmechanismus aus, der dazu führte, dass Kosmos 57 explodierte. Dies hielt die Sowjetunion jedoch nicht davon ab, den Flug von Woschod 2 nur einen Monat später zu terminieren.
Für die bis dahin schwierigste Mission der bemannten Raumfahrt wählte man zwei Personen aus der so genannten "Ersten Kosmonautengruppe". Es bleibt unergründlich, warum die Raumfahrtbehörde nicht Kosmonauten mit Flugerfahrung einsetzte. Am Ende wählte man die Jagdflieger Pawel Beljajew und Alexei Leonow aus.

Technik

Der wesentliche Unterschied zu Woschod 1 war eine aufblasbare Luftschleuse. Sie hatte im kompakten Zustand eine Länge von 77 cm und einen Durchmesser von 70 cm. Um sie in Betrieb zu nehmen, wurde sie automatisch entfaltet und blähte sich dann auf. Sie war dann 2,5 m lang und hatte einen inneren Durchmesser von einem Meter. Ihr Gewicht betrug 250 kg. Ein großer Nachteil dieses Schleusen-Systems war, dass der Luftdruck in der Kabine erhalten blieb und damit der zweite Kosmonaut keinerlei Möglichkeit hatte, bei einem Problem zu helfen. Dies wurde im Gemini-Programm der Amerikaner deutlich besser gelöst, da dort das gesamte Raumschiff beim Ausstieg ins All dekomprimiert wurde.


Der Flug

Am 18. März 1965 hob Woschod 2 in Baikonur um 7:00 Uhr UT vom Boden ab. Schon kurz nachdem man in die Umlaufbahn katapultiert worden war, leiteten die beiden Kosmonauten den Weltraumspaziergang ein. Dazu begab sich Leonow in die aufblasbare Luftschleuse, die daraufhin dekomprimiert wurde. Weil die Kabine aber unter Druck blieb, hätte Beljajew keine Chance gehabt, im Notfall seinem Kollegen helfen zu können. Um 8:30 UT gelangte Leonow als erster Mensch außerhalb eines Raumschiffes ins Weltall. Videokameras sendeten Bilder zur Bodenstation. Nach 20 Minuten wollte Leonow wieder in das Schiff zurück, doch da sich der Raumanzug aufgebläht hatte, musste er eine riskanten Druckreduzierung vornehmen, bevor er sich durch die enge Luke in die Schleuse hineinzwängen konnte.
Kurz nach der Rückkehr stellte man an Bord Probleme mit den Sauerstoffvorräten fest und musste deswegen vorzeitig die Landung einleiten. Dazu sendete die Bodenstation Funksignale, welche die Landesequenz einleiten sollten. Als dies missglückte, hatte man ein ernsthaftes Problem, das schließlich dazu führte, dass Beljajew den Landeflug manuell durchführen musste. Dabei misslang jedoch das Timing, so dass sich die Landekapsel nicht wie vorgesehen vollständig vom Geräteteil löste. Dies führte zu heftigen Taumelbewegungen, die Beljajew jedoch auffangen konnte. Allerdings wurde der Landeplatz deutlich verfehlt. Woschod 2 landete im Uralgebirge, mitten in einem schneebedeckten Nadelwald. Die Piloten wurden vier Stunden nach der Landung von einem Hubschrauber gefunden, konnten aber aufgrund des unwegsamen Geländes nicht geborgen werden. Erst zwei Tage später wurden sie in einer aufwendigen Bergungsaktion gerettet. Beide blieben unversehrt.

Stellenwert der Mission

Woschod 2 brachte nicht nur den ersten Weltraumspaziergang der Raumfahrtgeschichte, sondern auch ungewollt den ersten manuell gesteuerten Landeflug eines Raumschiffes. Diese beiden Pionierleistungen wurden jedoch überschattet durch die dramatischen Probleme während des Fluges. Zwar wurden diese nicht öffentlich, aber intern musste Woschod 2 eher als Rückschlag denn als Erfolg gewertet werden, da man endgültig an die Grenzen der vorhandenen Technologie gestoßen war. Zwar gab es noch einen weiteren Flug, Kosmos 110, mit 2 Hunden, die 22 Tage lang im Weltall blieben, aber Woschod 2 sollte für lange Zeit die letzte große Leistung der sowjetischen Raumfahrt bleiben. Ein weiterer bemannter Flug, als Woschod 3 geplant, wurde niemals realisiert.
In den nächsten Monaten wurde die sowjetische Raumfahrt von der amerikanischen NASA eingeholt. In der Sowjetunion hingegen verschwendete man noch fast 2 Jahre damit, das nicht mehr entwicklungsfähige Woschod-Programm weiter zu führen. Erst dann begab man sich mit dem Sojus-Programm auf den Weg zu einer neuen Technologie. In dieser Zeit überholte die NASA die sowjetische Raumfahrtbehörde und legte den Grundstein für die spätere Mondlandung, die alle sowjetischen Erfolge in den Schatten stellen sollte.

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