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Geschichte der Raumfahrt

Woschod 1 und Astronauten

Woschod 1

Allgemeines

Nachdem mit der Wostok der erste Mensch ins All geflogen war, folgte mit dem Woschod-Programm der nächste Schritt. Die Wostok war ein sehr kleines Raumschiff gewesen, dass nur einem einzigen Passagier Platz bot. Die nächste Entwicklungsstufe sollte ein Raumschiff sein, mit dem man mehrere Personen ins All fliegen konnte. Deswegen wurde das Experimental-Konstruktionsbüro-1 (OKB-1 Koroljow) beauftragt, die vorhandene Wostok-Technik weiter zu entwickeln.

Historisches

Zeitgleich mit der UdSSR arbeiteten die Amerikaner am Gemini-Programm, das ähnliche Ziele wie das Woschod-Programm hatte. Langfristig ging es in beiden Ländern darum, die Grundlagen für einen Flug zum Mond zu schaffen. Dazu musste man sich z.B. mit der Lebenserhaltung auskennen oder auch in der Lage sein, einen Weltraumspaziergang zu machen. Zudem musste auch eine Technik entwickelt werden, die zuverlässig funktionierte, um den Raumfahrern einen sicheren Hin- und Rückflug zu ermöglichen. Zudem ging es, mehr noch in der Sowjetunion als in den USA, um Prestigeerfolge, nicht zuletzt, weil die sowjetische Führung um Nikita Chruschtschow innenpolitisch unter Beschuss stand.

Technik

Wichtige Voraussetzung für den Flug war die Verbesserung der Trägerrakete R7, die bis dahin nicht für die nötige Nutzlast ausgelegt war. Um aus der kleinen Wostok ein Raumschiff für drei Personen zu machen, entfernte man den Schleudersitz und baute drei Liegen ein, die man zudem um 90° versetzte, so dass der Platz optimal genutzt wurde. Dies hatte aber zur Folge, dass die Kosmonauten ihren Kopf drehen mussten, um die Instrumente, die nicht versetzt wurden, anschauen zu können.
Es wurden zwei verschiedene Versionen der Woschod gebaut. "3KV" war für drei, "3KD" für zwei Personen ausgelegt. In der "3KD" benötigte man den frei gewordenen Platz für eine Luftschleuse, die für einen geplanten Weltraumspaziergang gedacht war. Anders als die Wostok sollte die Woschod mit den Kosmonauten an Bord landen. Dies war die einzige Möglichkeit, da für Schleudersitze kein Raum blieb. Deswegen verbesserte man das Landesystem des Schiffes und brachte Feststoffbremsraketen an, welche die Geschwindigkeit drosseln sollten.

Der Flug

Am 14. Oktober 1964 startete Woschod 1. An Bord waren die Kosmonauten Boris Jegorow, Wladimir Komarow, und Konstantin Feoktistow. Neu war, dass man nun einen Arzt (Jegorow) und einen Ingenieur (Feoktistow) auswählte, was aber nur logisch war, da man wissenschaftliche und technische Experimente durchführen wollte. Das Auswahlverfahren war geprägt von politischen Einmischungen und Lobbyismus, so dass letztlich nicht alleine die Leistung zählte. Vor Woschod 1 hatte es bereits einen unbenannten Testflug gegeben, der unter dem Namen "Kosmos 47" geführt wurde. Dabei hatte alles reibunglos funktioniert, so dass man sich nun daran wagte, mit einer Besatzung zu fliegen.
Nach dem Start dauerte es neun Minuten, bis Woschod 1 in die gewünschte Umlaufbahn eintrat. Der Flug wurde medial perfekt ausgewertet. Es gab eine Grußbotschaft zu den Olympischen Spielen, die zeitgleich in Tokio stattfanden. Außerdem wurden Bilder aus dem Inneren des Raumschiffes im Fernsehen gezeigt und der Staats- und Parteichef Nikita Chruschtschow kommunizierte mit den Kosmonauten. Dies war eine seiner letzten Amtshandlungen, denn kurz darauf wurde er entmachtet. Ob dies mit ein Grund dafür war, dass Woschod 1 nur 24 Stunden dauerte, oder ob es ein Problem an Bord gab, ist nicht bekannt. Es gilt aber als unwahrscheinlich, dass die Mission von vorne herein so kurz geplant war. Die Landung klappte jedenfalls sehr gut und die Kosmonauten konnten eigenständig aussteigen. Am 19. Oktober wurden sie vom neuen Machthaber Leonid Breschnew in Moskau empfangen.

Stellenwert der Mission

Woschod 1 war der erste bemannte Flug mit mehreren Personen. Dies war eine weitere Pionierleistung der sowjetischen Raumfahrtbehörde, die ein weiteres Mal schneller als die NASA war. Allerdings ist der wissenschaftliche Wert dieser Mission durch die geringe Dauer vergleichsweise niedrig. Die Kosmonauten trugen keinen Raumanzüge, was den schlichten Grund hatte, dass kein Platz für die sperrige Bekleidung vorhanden war. Dass dies ein erhöhtes Risiko bedeutete, spielte offensichtlich keine entscheidende Rolle, und so wurde dieser Fakt sogar für die Propaganda genutzt, um die vermeintliche Sicherheit der Woschod-Klasse zu verdeutlichen.
Aus heutiger Sicht kann man mit guten Gründen behaupten, dass die UdSSR die falschen Prioritäten setzte. Anstatt konsequent an einer neuen Technik für einen Mondflug zu arbeiten, investierte man Zeit und Geld in das Woschod-Programm, das zwar einen kurzfristigen Prestige-Erfolg brachte, aber langfristig eher unsinnig war. Gleichzeitig entwickelten die Amerikaner im Gemini-Programm wichtige neue Techniken, z.B. für Kopplungsmanöver im All. Die Amerikaner hatten begriffen, dass man nach Gagarins Flug nur mit einer Mondlandung den Wettlauf ins All gewinnen konnte und konnten deshalb, zwar mit Besorgnis, aber auch mit einer relativen Gelassenheit, die neuerliche Erfolge der UdSSR zur Kenntnis nehmen.

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